[Call] Call for contributions (until 20.08.2023)
Call for Papers – Vulnerable Gesellschaften: Risiken und Reaktionen
Kongress der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie 2024
Fachhochschule Nordwestschweiz, Basel (Muttenz), 9.-11. September 2024
Dass wir in unsicheren Zeiten leben, scheint eine soziologische Binsenwahrheit zu sein. Allerdings wurden Gesellschaften rund um den Globus in jüngster Zeit von einer außerordentlichen Häufung von akuten und persistenten Krisen und Katastrophen mit globalen Auswirkungen erschüttert wie z.B. von der Covid 19-Pandemie, dem Krieg gegen die Ukraine, sich beschleunigenden Effekten des Klimawandels wie Hitzewellen, Dürren und Überflutungen, von Lieferkettenunterbrüchen und Energiemangel sowie der massiven Zunahme von Hunger, um nur einige Stichworte zu nennen. Jede dieser Krisen stellt für sich allein schon eine Ansammlung von enormen sozialen, politischen, ökonomischen und ökologischen Herausforderungen dar. Zusammengenommen erzeugen sie eine erhöhte Wahrnehmung und Betroffenheit von allgemeiner Verletzlichkeit. Vor diesem Hintergrund ist „Vulnerabilität“ zu einem breit verwendeten Begriff in öffentlichen und politischen Diskursen geworden. Vulnerabilität wird mit einer breiten Palette von physischen, sozialen, ökonomischen oder kulturellen Faktoren, Bedingungen und Prozessen in Verbindung gebracht. In der einschlägigen Literatur werden nicht nur Menschen als verletzlich betrachtet. Der Terminus findet auch Anwendung in Zusammenhang mit der Gefährdung von technischen Infrastrukturen und ökologischen, ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Systemen. In aller Regel wird er nicht lediglich deskriptiv verwendet – vielmehr kommt ihm gleichzeitig eine präskriptive Funktion zu. Vulnerabilität festzustellen ist unweigerlich verbunden mit dem moralischen und politischen Aufruf zu handeln, um potenziellen Schädigungen vorzubeugen oder sie zu mildern und um soziale Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Eine soziale Gruppe als „vulnerabel“ zu charakterisieren, impliziert die Zuschreibung eines speziellen Bedarfs an Schutz und Unterstützung; Fragilität in Systemen erfordert stabilisierende sowie langfristig präventive Maßnahmen. Debatten über Vulnerabilität schließen deshalb auch Gegenbegriffe ein wie Resilienz, Robustheit, Vorsorge, Sicherheit, Risikomanagement und anderes mehr.
Entsprechend ist Vulnerabilität zum Gegenstand verschiedener akademischer Disziplinen geworden: von den medizinischen und technischen Wissenschaften bis zu den Geistes- und Sozialwissenschaften. Die Attraktivität des Begriffs stellt jedoch gleichzeitig seine Schwäche dar. Seine Popularität und breite Verwendung inner- und außerhalb der Wissenschaft provozieren Kritik an dessen inflationären Gebrauch, an mangelnder theoretischer Stringenz oder an der Funktionalisierung des Terminus im politischen Diskurs. In gewisser Weise stellt Vulnerabilität kein klar definiertes Konzept, sondern eher ein vielschichtiges Begriffsfeld dar. Die konzeptionelle Vagheit und der expansive Gebrauch regen indes auch fruchtbare inter- und transdisziplinäre Ansätze an. In der Soziologie hat sich Vulnerabilität noch nicht als zentrales sozialtheoretisches Konzept im Range etwa von Risiko oder Ungewissheit etabliert. Was also könnten genuin soziologische Perspektiven und Beiträge zur Analyse von Vulnerabilität sein?
Der Kongress der Schweizerischen Gesellschaft für Soziologie will den Begriff der Vulnerabilität in seiner Bedeutung für die soziologische Theoriebildung und empirische Forschung kritisch sondieren. Überdies sollen die praktischen und politischen Implikationen soziologischer Vulnerabilitätsforschung sowie die Rolle soziologischer Expertise für die Bekämpfung von Vulnerabilität ausgelotet werden.
Mit diesem Call laden wir Soziolog*innen und Angehörige verwandter Disziplinen ein, zu dieser Debatte beizutragen. Erwünscht sind Vorschläge für Plenumsveranstaltungen und Workshops aus theoretischen, empirischen und methodologischen Perspektiven zu den folgenden Fragestellungen und zu weiteren Aspekten:
• In welchem Verhältnis steht Vulnerabilität zu verwandten und etablierten theoretischen Konzepten wie Unsicherheit, Risiko, Krise, Prekarität oder zu Gegenbegriffen wie Resilienz, Handlungsfähigkeit, Adaptation und weiteren Begriffen? Welche Bedeutung und welches Potenzial hat das Konzept für soziologische Theoriebildung?
• Wie lassen sich die Formen, Ursachen, Dynamiken und Folgen von menschlicher wie nicht- menschlicher Vulnerabilität und Fragilität empirisch beschreiben und analysieren?
• Wie verstehen Individuen, Gruppen, Organisationen, soziale Bewegungen, Regierungen und supranationale Organisationen Vulnerabilität und wie reagieren sie darauf? Welche Auswirkungen haben entsprechende Aktivitäten zur Bekämpfung von Vulnerabilität?
• Welche persönlichen, kollektiven, institutionellen und infrastrukturellen Ressourcen ermöglichen Individuen, Gruppen oder Systemen Vulnerabilität, Fragilität, Gefahren, Schocks und Stress zu bewältigen?
• Welche Funktionen kommen Begriffe wie Vulnerabilität, Resilienz und Ähnliches in öffentlichen, medialen und politischen Diskursen zu?
• Was sind die methodologischen Herausforderungen bei der Operationalisierung und Messung von Vulnerabilität in der empirischen Forschung? Welche ethischen Fragen stellen sich bei der Erforschung vulnerabler Populationen?
Weitere Beiträge, insbesondere zu den Themen der SGS-Forschungskomitees, sind ebenfalls möglich.
Plenen und Workshops können auf Deutsch, Französisch oder Englisch durchgeführt werden. Bitte reichen Sie Ihre Vorschläge bis 20. August 2023 elektronisch über folgenden Link ein: SSA Congress Plenary bzw. SSA Congress Workshop:
• Plenumsveranstaltungen mit maximal drei Beiträgen: Bitte geben Sie den Titel der Veranstaltung und ein Abstract von maximal 6000 Zeichen mit 3-4 Keywords, die Namen der vorgesehenen Referent*innen und die Titel ihrer Beiträge sowie Namen und institutionelle Zugehörigkeit der Plenumsorganisator*innen an. Bei Annahme des Vorschlags werden die Organisator*innen gebeten, das vollständige Plenumsprogramm bis 31.12.2023 einzureichen.
• Workshops: Vorschläge für Workshops im Umfang von maximal 2000 Zeichen müssen den Titel des Workshops, ein Abstract (als Call for Papers für Workshopbeiträge), 3-4 vier Keywords sowie die Namen und Angaben zu den Workshop-Organisator*innen enthalten. Bei Annahme des Vorschlags werden die Organisator*innen gebeten, das vollständige Workshop-Programm bis 26.01.2024 einzureichen.
Sie werden bis Mitte Oktober 2023 über die Annahme oder Ablehnung Ihres Vorschlags informiert. Weitere Informationen zum Kongress finden Sie auf der Kongresswebsite: https://fhnw.ch/ssa
Appel à participation – Sociétés vulnérables : risques et réponses
Congrès de la Société Suisse de Sociologie 2024
Fachhochschule Nordwestschweiz, Bâle (Muttenz), 9-11 septembre 2024
Que nous vivions dans une période d’incertitude semble être un truisme sociologique. Cependant, les sociétés du monde entier ont récemment été secouées par une accumulation extraordinaire de crises et de catastrophes aiguës et persistantes ayant des répercussions mondiales, notamment la pandémie Covid 19, la guerre contre l'Ukraine, les effets accélérés du changement climatique tels que les vagues de chaleur, les sécheresses et les inondations, les perturbations des chaînes d'approvisionnement et les pénuries d'énergie, ainsi que l'augmentation massive de la faim et de l’insécurité alimentaire, pour ne citer que quelques exemples. Chacune de ces crises représente en soi des défis sociaux, politiques, économiques et environnementaux majeurs. Prises ensemble, elles génèrent un sentiment accru de vulnérabilité générale. Dans ce contexte, la "vulnérabilité" est devenue un terme largement utilisé dans les discours publics et politiques. Il est associé à un large éventail de conditions et de processus physiques, sociaux, économiques ou culturels. Dans la littérature spécialisée, les personnes ne sont pas les seules à être considérées comme vulnérables. Le terme s'applique également à la vulnérabilité des infrastructures techniques et des systèmes écologiques, économiques, politiques et sociaux. Au-delà de sa fonction descriptive, le terme est le plus souvent utilisé de manière prescriptive. Le diagnostic de la vulnérabilité est inévitablement lié à des appels moraux et politiques à l’action pour prévenir ou réparer les dommages potentiels et les injustices sociales. Identifier un groupe social comme "vulnérable" implique un besoin particulier de protection et de soutien ; détecter la fragilité dans les systèmes nécessite des mesures de stabilisation et de prévention à long terme. Les débats sur la vulnérabilité comprennent donc également des concepts opposés tels que la résilience, la robustesse, la précaution, la sécurité, la gestion des risques, etc.
En conséquence, la vulnérabilité est devenue l'objet de différentes disciplines académiques : des sciences médicales et techniques aux sciences humaines et sociales. Toutefois, l'attrait général du concept constitue également sa faiblesse. Sa popularité et sa large utilisation à l'intérieur et à l'extérieur du monde scientifique suscitent des critiques quant à son utilisation inflationniste, son manque de rigueur théorique ou sa fonctionnalisation dans le discours politique. D'une certaine manière, plutôt qu'un concept bien défini, la vulnérabilité et ses contre-termes peuvent être considérés comme des termes d'un champ conceptuel à multiples facettes. Le flou conceptuel et l'utilisation expansive de ce terme invitent toutefois à des approches inter- et transdisciplinaires fructueuses. En sociologie, la vulnérabilité ne s'est pas encore établie comme un concept central de la théorie sociale, au même titre que le risque ou l'incertitude par exemple. Quelle est donc la perspective et la contribution spécifiques de la sociologie à l'étude de la vulnérabilité ?
Le congrès de la Société suisse de sociologie est consacré à l’exploration critique la signification théorique et empirique de ce concept en sociologie. En outre, il vise à aborder les implications pratiques et politiques de la recherche sociologique sur la vulnérabilité ainsi que le rôle de l'expertise sociologique dans la lutte contre les vulnérabilités. Avec cet appel à participation, nous invitons les sociologues et les membres des disciplines voisines à contribuer à ce débat. Nous souhaitons recevoir des propositions de sessions plénières et d'ateliers, qui présentent des perspectives théoriques, méthodologiques et empiriques sur les questions suivantes et sur d'autres sujets :
• Quelle est la relation entre la vulnérabilité et des concepts théoriques apparentés et établis tels que l'incertitude, le risque, la crise, la précarité ou des concepts opposés tels que la résilience, la capacité d'agir (agency), l'adaptation et d'autres notions ? Quelle est l'importance et le potentiel de ce concept pour la théorie sociologique ?
• Comment peut-on décrire et analyser empiriquement les formes, les causes, les dynamiques et les conséquences de la vulnérabilité et de la fragilité humaines et non humaines ?
• Comment les individus, les groupes, les organisations, les mouvements sociaux, les gouvernements, les organisations supranationales etc. comprennent-ils la vulnérabilité et comment y réagissent-ils ? Quel est l'impact des activités de lutte contre la vulnérabilité ?
• Quelles sont les ressources personnelles, collectives, institutionnelles et infrastructurelles permettant aux individus, aux groupes ou aux systèmes de toute nature de faire face à la vulnérabilité, à la fragilité, aux dangers, aux chocs et au stress ?
• Quelles sont les fonctions de concepts tels que la vulnérabilité, la résilience et autres dans les discours publics, médiatiques et politiques ?
• Quels sont les défis méthodologiques liés à l'opérationnalisation et à la mesure de la vulnérabilité dans la recherche empirique ? Quelles questions éthiques se posent lors de la recherche sur les populations vulnérables ?
D'autres contributions, notamment sur les thèmes des comités de recherche de la SSS, sont également les bienvenues.
Les sessions peuvent se tenir en français, en allemand ou en anglais. Veuillez soumettre vos propositions par voie électronique avant le 20 août 2023 via le lien suivant : SSA Congress Plenary ou SSA Congress Workshop:
• Sessions plénières avec trois contributions : veuillez indiquer le titre de la séance et un résumé de 6000 caractères maximum avec 3-4 mots-clés, les titres des présentations prévues et les noms des intervenants ainsi que les noms et l'affiliation institutionnelle des organisateurs de la plénière. Si la proposition est acceptée, les organisateurs devront soumettre le programme complet de la plénière avant le 31.12.2023.
• Ateliers : Les propositions d'ateliers, d'une longueur maximale de 2000 caractères, doivent contenir le titre de l'atelier, un résumé (sous forme d'appel à contributions pour les ateliers), 3-4 mots-clés ainsi que le nom et les coordonnées des organisateurs de l'atelier. Si la proposition est acceptée, les organisateurs seront invités à soumettre le programme complet de l'atelier avant le 26 janvier 2023.
Les informations sur l'acceptation/le rejet des propositions seront communiquées au plus tard au plus tard à la mi-octobre 2023. Pour plus d'informations, voir : https://fhnw.ch/ssa
Call for Papers – Vulnerable Societies: Risks and Responses
Congress of the Swiss Sociological Association 2024
University of Applied Sciences Northwestern Switzerland, Basel (Muttenz), September 9-11, 2024
To say that we live in times of uncertainty seems like a sociological truism. However, in recent times, societies around the world have been shaken by an extraordinary accumulation of acute and persistent crises and catastrophes with global repercussions, including the COVID-19 pandemic; the war in the Ukraine; the accelerating effects of climate change manifest in heat waves, droughts, and floods; disruptions of supply chains and energy shortages; and the massive resurgence of hunger and food insecurity, to name but a few. Each of these crises presents major social, political, economic, and ecological challenges in themselves. Taken together, they generate a heightened sense of overall vulnerability. Against this backdrop, “vulnerability” has become a popular term in professional, public and political discourses. It is associated with a wide range of physical, social, economic, and cultural conditions and not only applied to human actors but to technical, ecological, economic, political, and societal systems alike. Beyond its descriptive function the term is most often also used prescriptively. Diagnosing vulnerability is inevitably linked to moral and political calls to action to prevent and redress harm and social injustices. To identify a social group as vulnerable implies a special need for protection and support; fragility in systems necessitates stabilizing and preventive measures in the long run. Debates on vulnerability thus comprise its opposites like resilience, adaptation, robustness, preparedness, security, risk management etc.
In the academic world, vulnerability is discussed across various disciplines, from the medical and technical sciences to the humanities and social sciences. However, the broad appeal of the concept constitutes also its weakness. Its popularity and wide application inside and outside academia provoke criticisms of inflationary usage, a lack of theoretical rigor and the functionalization of the term in political discourse. In a way, rather than a well-defined concept vulnerability and its counter-terms may be regarded as terms in a multi-faceted conceptual field. On the other hand, its conceptual vagueness and expansive usage invites fruitful inter- and transdisciplinary approaches. In sociology, vulnerability is still not established as a main theoretical concept on a par with core notions of social theory like, for example, risk or uncertainty. What, then, is the specific perspective and contribution of sociology to the study of vulnerabilities?
The congress of the Swiss Sociological Association is dedicated to critically exploring the theoretical and empirical significance of this concept in sociology. Furthermore, it aims to address the political and practical implications of sociological studies of vulnerability and the role of sociological expertise in combating vulnerabilities.
With this call we invite sociologists and members of related disciplines to contribute to this debate. We welcome proposals for plenary sessions and workshops from theoretical, methodological and empirical perspectives on the following broad questions and further topics:
• How does vulnerability relate to associated and well-established theoretical concepts such as uncertainty, risk, crisis, or precarity or to its counter-terms such as resilience, agency, adaptation, and the like? What is its significance and potential for sociological theory?
• What are the empirical forms, causes, dynamics and consequences of human and non-human vulnerability and fragility?
• How do individuals, groups, organizations, social movements, governments, supranational organizations etc. understand and respond to various vulnerabilities of diverse (human) actors or systems and with which effects? What are the personal, collective, institutional, infrastructural resources that enable individuals, groups, or systems of any kind to cope with hazards, shocks and stress?
• What are the functions of concepts like vulnerability, resilience and related terms in public, media and political discourses?
• Methodological issues regarding the empirical operationalization and measurement, including the ethical questions arising in the study of vulnerable populations.
Other contributions relevant to the research networks of the Swiss Sociological Association are also welcome.
Sessions can be held in German, French, and English. Please submit your proposals until 20 August 2023 online at SSA Congress Plenary or SSA Congress Workshop.
• Plenary sessions with maximum three speakers: Please provide the plenary title and a plenary abstract of max. 6000 characters, 3-4 keywords, presentations titles and names of speakers and the plenary organizers’ institutional affiliation. If the proposal is accepted, the organizers will be asked to submit the complete session program until 31 December 2023.
• Workshop sessions: max. 2000 characters including workshop title, abstract (as call for papers for workshop contributions), 3-4 keywords as well as workshop organizers’ affiliation and contact information. If the proposal is accepted, workshop organizers will be asked to submit the complete workshop program until 26.01.2024.
Information on acceptance/rejection of proposals will be communicated by mid-October 2023. For further information see: https://fhnw.ch/ssa